Heute, endlich nach ein paar Jahren, steht der Augsburger Höhenweg auf dem Programm. Der AVF Lechtaler Alpen schreibt hierzu: „Einer der anspruchsvollsten, aber auch großartigsten Höhenwege überhaupt. Absolute Trittsicherheit im Schrofengelände, gute Verhältnisse und zuverlässiges Wetter unbedingt notwendig…“
Die Verhältnisse könnten idealer nicht sein. Die Sonne scheint vom Firmament und die Temperaturen sind geradezu perfekt.

Der Start von der Ansbacher Hütte zur Kopfscharte (2.484 m) ist angenehm und einfach zu begehen, schon vor Jahren bin ich hier mal mit Papa unterwegs gewesen.

Unter dem Stierkopf mit seinen brüchigen Hängen wandern wir weiter zum Winterjöchl (2.528 m)

Am Winterjöchl legen wir eine kurze Pause ein, schauen uns den weiteren Weg an und staunen ob der Schönheit und Wildheit der Lechtaler Berge.


Der Weg führt nun durch das Untere Grießl, ein längerer Abschnitt ohne Schwierigkeiten…

… der uns in weiterer Folge zum Grünen Brünnele führt.

Der Hohe Riffler (3.168 m) kommt immer wieder ins Blickfeld, ein herrlicher Berg, der wohl auch mal auf meiner Liste stehen wird.

Rund ums Grüne Brünnele wird der Weg nun rassiger, die Tobel unter dem Stierlochkopf und Schwarzlochkopf erfordern Konzentration, der Weg ist allerdings vorbildlich gewartet und gut begehbar.


Wir erreichen eine berüchtigte Stelle, mit Seilen versichert. Die Eisrinne, hier liegt normalerweise bis in den Spätsommer Schnee, ist heute komplett trocken und dank Versicherungen gut zu begehen.

Es müssen hier ein paar Meter ab- und dann wieder aufgestiegen werden. Wir haben sicherheitshalber Grödel mitgenommen, aber die scheinen dieses Mal nicht notwendig zu sein.


Der Weg verläuft weiter spektakulär über Felsbänder, Schotterriepen und Tobel.

Schließlich müssen wir noch ein paar Höhenmeter aufsteigen und erreichen den Übergang beim Grießmuttekopf, der uns wieder auf die Südseite der Schotterhänge bringt.


Bald kommt die eindrucksvolle Eisenspitze (2.855 m) ins Blickfeld. Ein formschöner Berg, der von der Passeierscharte aus bestiegen werden kann.

Wir sind schon eine Zeit lang am Weg, daher gönnen wir uns an einem schönen Platz eine kurze Pause.

Es wird noch einmal ein wenig ausgesetzter und mit schottrigen Passagen.


Über den Glatten Rücken erreichen wir dann den schon fast als lieblich zu bezeichnenden Flirscher Passeier, tief unter uns ist sogar eine kleine Schäferhütte mit ein paar Tieren.


Der Schluss des Aufstiegs durch den oberen Flirscher Passeier wird wieder Vegetationslos, steinig und dank der Sonne nun auch recht warm. Langsam wandern wir himmelwärts….

… bis wir schlussendlich die Passeierscharte erreichen. Hier wäre die Abzweigung zur Eisenspitze, die wir aber ob der Länge des Höhenweges auslassen.

Hier beginnt nun der Weg ins Gelbe Schartl. Steil, ausgesetzt und moralisch anspruchsvoll. Dank der Sektion Augsburg ist der Weg aber sehr gut in Schuss. An dieser Stelle ein großes Kompliment an die Wegebauer der Sektion DAV Augsburg!

Im Rückblick sieht man, wie ausgesetzt der Weg ist. Ein Fehltritt ist hier keine Option, zu tief wäre der Fall. Eine Versicherung ist in diesem Gelände nicht möglich, eine stabile Verankerung wäre nicht setzbar. Also obliegt es der Trittsicherheit des Bergsteigers allein, hier heil über diese Stelle zu gelangen.

Schritt für Schritt, so bewältigen wir die Stelle. Und wieder wächst mein Vertrauen in meine neuen Bergschuhe, die mir ein sehr gutes Standgefühl geben.

Nach dieser unguten Stelle müssen wir ein paar Meter im sogenannten Steinschlag absteigen…


In der Nähe hören wir immer wieder Steinschlag, die erste und einzige Gruppe kommt uns hier entgegen.
Die moralische Schlüsselstelle befindet sich kurz vor dem Gelben Schartl… kiesig, nicht versicherbar, und der Weg gerade mal Handbreit.
Gut beschrieben auch durch folgenden Spruch: „Ein gewaltiger Steinbruch über den Köpfen und Luft unter den Füßen!“

Das Gelbe Schartl, oftmals mit Eis gefüllt, finden wir heute auch schneefrei vor. Daher müssen wir hier ein paar Meter am gespannten Seil absteigen und gegenüber wieder hinauf.

Dann kommt noch eine kurze, fast könnte man sagen Klettersteigpassage, hinauf zur Dawinscharte.

Dort können wir durchatmen und schauen hinab zum Zammer Passeier mit dem Passeierbach.

Hier trinken wir wieder etwas, wir sind schon einige Stunden am Weg. Die reine Entfernung und Höhe ist weniger das Problem, es sind die anspruchsvollen Stellen, die immer wieder Zeit kosten.

Von der Dawinscharte wandern wir durch einfaches Gelände in Richtung „Südlicher Schwarzer Kopf“.


Kurz unter dem Gipfel müssen wir in die südliche Flanke ausweichen und über Bänder in die nächste namlose Scharte queren.

Der Dawinkopf liegt nun zum Greifen nahe… der zweithöchste Gipfel der Lechtaler Alpen. Nur vom Passeier wird dieser Gipfel übertrumpft.

Ein kurzer versicherter Klettersteig bringt uns auf den höchsten Punkt unserer Tour.

Hier wird nun eine Brotzeit ausgepackt, die sich sehen lässt. Während ich hier nicht mitgedacht habe, sind Papa und Daniel kulinarisch ausgerüstet und lassen mich an ihren Leckerbissen teilhaben. Was für ein Glück…

Neben der Jause ist mehr wie genug Zeit, die Aussicht zu genießen. Man merkt allerdings die fast 3.000 m, die hier vorherrschen. Sobald eine kleine Wolke die Sonne verdeckt, wird es kühl und unangenehm.

Nach ausgiebiger Rast machen wir uns an den Abstieg vom Dawinkopf. Der Weg geht nun vorerst im gleichen Takt weiter…

Der Abstieg erfordert nochmals höchste Konzentration, speziell nach einer längeren Pause stellt der Start eine kleine Herausforderung dar.

Ein Blick nach Norden erlaubt uns die kläglichen Reste des einst mächtigen Parsseier Ferners zu betrachten. Nur noch kleine Reste, die die nächsten Jahre wohl nicht mehr überstehen werden, sind zu sehen.

Der Abstieg ist spektakulär, aber überschaubar schwierig… richtige Genusskraxlerei am Grat entlang.


Die letzten Meter werden von uns noch klettern überwunden, dann stehen wir am Übergang zum Bocksgarten.

Feine Wege führen hier über den Rücken unter die Bocksgartenspitzen.

Und dann sehen wir den Kessel unterhalb der Passeierspitze (3.036 m). Erst hatten wir uns eine Besteigung eben Dieser überlegt, aber es sprechen einige Faktoren dagegen. Zum einen sind wir schon ob der langen Wanderung müde, zum Anderen sind ein paar Gruppen eingestiegen und verursachen immer wieder Steinschlag… später erfahren wir auch, dass ein Bergsteiger hier großes Glück hatte…

Wir beschließen infolge dessen, über den Bocksgarten hinunter zum Grinner Ferner, bzw. dessen Überresten abzusteigen.

Am Gletschersee vorbei erreichen wir den Aufstieg zum Gatschkopf (2.945 m) und die Patrolscharte (2.846 m). Es sind zwar nur ein paar Höhenmeter, aber diese ziehen sich.

Der Rücken zum Gatschkopf ist eine echt schräge Landschaft. Daniel meint, wie eine Mondlandschaft, dem kann ich nur zustimmen. Bänder von hellem und dunklem Geröll wechseln sich hier ab. Lias-Fleckenmergel heißt das Gestein, wie ich später herausfinde…

Vom Gatschkopf haben wir eine wunderschöne Aussicht, im Westen liegt die beeindruckende Passeierspitze mit dem dunklen Band im Gipfelaufbau und dem Kessel mit dem ehemaligen Grinner Ferner.

Gegen Nordwesten sehen wir die ganzen namhaften Gipfel der Lechtaler und Allgäuer Alpen. Ein Panorama, das seinesgleichen sucht. Sogar meinen geliebten Hausberg, den Säuling können wir ausmachen.

Am Gipfel treffen wir ein deutsches Pärchen, das sich nach einem erfolglosen Versuch an der Passeierspitze auch zum Abstieg zur Augsburger Hütte aufmacht.

Obwohl der Gipfelaufbau des Gatschkopfs recht unspektakulär aussieht, hat es der Abstieg nochmals in sich. Nicht die technischen Schwierigkeiten stehen hier im Vordergrund…

… es ist die Länge und die teilweise schwere Wegfindung. Ein Verlaufen ist allerdings unmöglich, hier führen wirklich alle Wege, mehr oder weniger schwer, nach Rom.


Nach langen 8 ¾ h erreichen wir schließlich unser heutiges Refugium. Schon am Eingang werden wir mit einem Schnaps begrüßt. Die junge Hüttlerin meint, nachdem sie uns mit Vornamen begrüßt hat, wir sind heute fast alleine. Scheinbar haben wir uns den richtigen Tag ausgesucht. Wir gönnen uns ein Bier und lehnen uns zufrieden zurück.

Eine gewaltige Tour, die wir heute absolviert haben. Wir sind hoch zufrieden, der Hüttenabend mit neuen Bekannten, Vanessa und Hubert lässt den feinen Tag gut ausklingen.
Hubert erzählt uns beiläufig, dass ihn bei seinem Passeierbesteigungsversuch ein Stein durch vorgehende Bergsteiger oder evtl. auch Gämsen nur knapp verfehlt hat. Sein Rucksack wurde allerdings beschädigt…
Tourendaten
Gesamtdauer: 8:47 h
Gesamtlänge: 18,90 km
Höhenmeter: ∆ 1.317 m / ∇ 1.339 m

