Das Wetter soll am Wochenende wieder schlechter werden, der schönste Tag soll der heutige Freitag werden. Spontan beschließen Michi und ich, noch eine etwas andere Sonnenaufgangstour zu machen. Wir treffen uns um 2:45 Uhr in Innsbruck und starten mit einem Auto los Richtung Kemater Alm.

Dort wird dann erst mal das Geleucht aufgesetzt, denn es ist noch richtig finster… da brauchen wir eine gute Beleuchtung, um den Weg zu finden. Rasch erreichen wir die Adolf-Pichler-Hütte (1.977m), im oberen Stock sehen wir schon die ersten Lichter… noch wissen wir nicht, wen wir hier später noch treffen werden.

Weiter geht es von der Hütte über ein steiles Kar hinauf zur Alpenklub-Scharte (2.451m). Der Weg ist steil, im oberen Bereich auch ein wenig brüchig, aber durch die Dunkelheit haben wir einen großen Vorteil… wir sehen nicht, wie lange der Aufstieg ist.
Bei der Alpenklub-Scharte angekommen, ziehen wir uns das Klettersteigset an, im Westen ist schon ein Silberstreif am Horizont sichtbar. Doch noch ist es nicht hell genug, um ohne Lampen weiterzugehen. Die Stimmung ist ein Wahnsinn, über uns ein wunderschönes Himmelszelt und über den Bergen das eben erwähnte erste Zeichen eines neuen, wunderschönen Tages.
Der Klettersteig auf den Steingrubenkogel ist nicht schwer, seit ein paar Jahren sind auch die Versicherungen auf neuen Stand gebracht. Die Routenführung ist sehr gelungen, nicht umsonst wird dieser Klettersteig manchmal mit den großen Steigen in den Dolomiten vergleichen. Die schwierigste Stelle, Schwierigkeit C, ist ein Kamin kurz vor dem Gipfel, der aber mittels Metallstiften ein wenig entschärft ist.
Nachdem diese Stelle gemeistert ist, sehen wir schon bald das Gipfelkreuz.
Wir erreichen den Gipfel der Steingrubenkogels (2.633m), ziehen uns eine Jacke an, setzen uns hin, und schon beginnt das Spektaktel. Ein Wunder, das jeden Tag aufs Neue bewundert werden kann. Der Sonnenaufgang über den Bergen. Wir sind auf die Sekunde genau angekommen… keine 5 Minuten haben wir warten müssen.

Der Feuerball schiebt sich nun immer weiter über den Horizont, und damit kommt auch ein wenig Wärme zu uns. Wobei man heute sagen muß, daß wir wahrscheinlich einen der wärmsten Tage im Gebirge erwischt haben, der Aufstieg mit kurzer Hose und T-Shirt auf dieser Höhe ist nicht alltäglich.
Während wir die Stimmung rund um uns aufsaugen, schnell ändern sich die Farben und auch das Licht, verzehren wir unsere Brotzeit, die nätürlich auf dieser Höhe besonders gut schmeckt…
Wir sitzen eine Weile, doch irgendwann müssen wir auch wieder ins Tal, während Michi heute frei hat, heißt es für mich nach der Tour noch zur Arbeit zu gehen. Das sollte mir allerdings ob dem tollen Tagesstart heute nicht schwerfallen.

Der Abstieg von diesem Berg erfolgt gleich wie der Aufstieg. Da wir früh unterwegs sind, müssen wir uns den Steig mit niemandem teilen. Das wäre ja an sich kein Problem, aber Gegenverkehr in einem Klettersteig ist nicht das Allerfeinste.
Der Steig ist in beiden Richtungen sehr angenehm zu gehen, wir kommen zügig voran.

Nun, im schönen Tageslicht sehen wir die ganzen Türmchen, Bänder und Felsformationen, die wir im Aufstieg teilweise nur erahnen konnten.
Ohne jemandem zu begegnen, erreichen wir die Alpenklubscharte. Dort verstauen wir unser Kletterzeug wieder.
Einen Teil des Abstieg versuchen wir im „Schotterreisenlauf“ hinter uns zu bringen, es sind aber jetzt schon die ersten Leute im Aufstieg, daher entscheiden wir uns aus Sicherheitsgründen gehen diese schnelle Varianten. Trotzdem entwischt uns einmal ein Stein, der sofort mit einem lauten „Achtung Stein“ verkündet wird, und eine hektische Flucht zweier unter uns gehenden Bergsteiger zur Folge hat.

Ansonsten kommen wir ohne Zwischenfälle zum Grund der Reise und gehen durch das Weidegebiet hinüber zur Adolf-Pichler-Hütte. Plötzlich sehen Noah und Martin, zwei Nachbarn aus Aldrans vor uns… sie gehen heute auch auf diesen schönen Kletterberg. Im Haus treffen wir dann noch Martina, Greta und das Neugeborene… die Welt ist doch klein… und Tirol sowieso.

Von der Adolf-Pichler-Hütte ist es nicht weit bis zur Kemater Alm, dort haben wir das Auto geparkt. Ein pünklicher Arbeitsbeginn geht sich heute bei mir nicht mehr aus, ich werde mich wohl ein klein wenig verspäten.

Eine tolle Bergtour mit sehr schönen Eindrücken endet hier, mögen uns noch viele wunderbare Tage beschert sein!
Tourendaten:
Gesamtdauer: 4:50 h
Gesamtlänge: 11,71 km
Höhenmeter: 1.059 m
